Energieoptimierung durch Abwassersiebung – Ein Trommelsieb als Vorklärbeckenersatz

Die Energieoptimierung von Kläranlagen ist in der aktuellen Situation eines stark volatilen Energiemarktes ein wichtiges Instrument, um den Finanzhaushalt von kommunalen Betreibern langfristig zu stabilisieren. Kläranlagen sind für circa 20 Prozent des Stromverbrauchs aller kommunalen Einrichtungen verantwortlich. Aus diesem Grund kann besonders die Energieoptimierung auf Kläranlagen einen signifikanten Beitrag zur Verringerung der Energiekosten und den daraus folgenden indirekten Treibhausgasemissionen leisten.

Im Rahmen des Satellite-Projekts wurde eine die Kläranlage Pattensen () ausgewählt, um verschiedene Möglichkeiten der Energieoptimierung von Kläranlagen großtechnisch zu erproben. So wurde bereits im vergangenen Jahr die Schlammstabilisierung von einer aeroben Voll- hin zu einer anaeroben Teilstabilisierung umgestellt (). Dazu wurde das Gesamtvolumen der Belebung um circa 37 Prozent verringert. Dies resultiert nachweislich in einer Energieeinsparung durch die geringere Aufenthaltszeit im Belebungsbecken bei gleichbleibender Reinigungsleistung.

Anschließend wird nun im nächsten Schritt untersucht, inwiefern eine Abtrennung von Feststoffen im Zulauf, wie sie klassischerweise durch ein Vorklärbecken stattfindet, zur Energieoptimierung der Kläranlage beitragen kann. Die Feststoffabtrennung mittels Vorklärbecken ist i.d.R. mit einem großen Flächenbedarf und einem hohen bautechnischen Aufwand verbunden. Eine Alternative dazu sind Trommelsiebe, die mit Vorteilen in genau diesen beiden Kategorien punkten. Der Einsatz solcher Siebe in anderen Projekten zeigte bereits die Anwendbarkeit für die Abwasserreinigung. Aus diesem Grund wird im Rahmen des Satellite-Projekts eine großtechnische Versuchsanlage für circa 6 Wochen auf der Kläranlage betrieben.

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technische Zeichnung des Trommelsiebs

Das zulaufende Abwasser der Kläranlage Pattensen durchfließt zunächst die mechanische Reinigung (Rechen und Sandfang) bevor es in die biologische Reinigung (Belebungsbecken) gelangt. Der mechanischen Reinigung ist nun in einem dritten Schritt das Trommelsieb nachgeschaltet. Das Sieb ist im Inneren mit einem Gewebe ausgekleidet, dessen Maschen eine Weite von 0,3 mm aufweisen. Die Trommel, sowie die gesamte Anlagentechnik ist in einen 20-Fuß Container eingebaut, sodass für den Testbetrieb keine bautechnischen Maßnahmen durchzuführen sind. Das Trommelsieb wird von innen mit Abwasser aus dem Zulaufgerinne (circa 90 m3 Abwasser pro Stunde) beschickt und strömt dann durch das Maschengewebe. Außerhalb des Siebs sammelt sich das Wasser dann zwischen Trommel und Containerwand und fließt über ein Wehr im Freigefälle dem Zulauf der Belebung zu. Die durch das Gewebe zurückgehaltenen Feststoffe sammeln sich auf der Innenseite der Siebtrommel und bilden einen kleinen Filterkuchen. Damit der Fließwiederstand nicht zu groß wird und letztendlich auch Feststoffe abgetrennt werden, dreht sich die Siebtrommel und am oberen Totpunkt werden die anhaftenden Feststoffe durch Druckluft oder Wasser abgespült und fallen in eine Schlammsammelrinne. Die dort anfallenden Feststoffe bilden dann den Primärschlamm.

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Zufluss des innen beschickten Trommelsiebs (links) und Überblick der Anlagensteuerung und Messwertaufzeichnung (rechts)

Der Primärschlamm besteht aus Feststoffen, die zu mehr als 80 Prozent aus organischen Verbindungen (CSB - „chemischer Sauerstoffbedarf“) bestehen, welche in der biologischen Reinigung unter Sauerstoffverbrauch von Mikroorganismen abgebaut werden. Durch die Ausschleusung dieser Feststoffe als Primärschlamm im Trommelsieb kann die Belastung auf die biologische Reinigung auch durch die Ausschleusung anderer Schmutzfraktionen verringert werden (Ammonium - NH4 und Phosphat - PO4).

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Eingebautes Sieb im Container (links) und Wehrüberfall zur Füllstandsregelung (rechts)

Aufgrund des Trommelsiebs werden Feststoffe abgetrennt, die sonst zuvor in der Belebung durch Sauerstoffverbrauch abgebaut wurden. Die durch Verdichter eingeblasene Luftmenge sinkt infolge der verringerten CSB-Fracht im Zulauf der Belebung um bis zu 40 Prozent. Aufgrund dessen, dass die Belüftung circa 60 Prozent des Strombedarfs einer Kläranlage ausmacht, spiegelt sich die verringerte Belüftungsmenge direkt in dem Stromverbrauch der Kläranlage wider. Modelltechnische Voruntersuchungen haben gezeigt, dass der Gesamtstromverbrauch durch ein Trommelsieb um zehn bis 25 Prozent sinkt. Neben den direkten Einsparungen im Stromverbrauch entsteht zusätzlich noch ein Primärschlamm, der sehr energiereich ist. Im Fall der Kläranlage Pattensen wird dieser Schlamm mit dem Überschussschlamm gemischt und zur Kläranlage Hildesheim transportiert, wo der Schlamm in einer Faulung anaerob stabilisiert wird. Durch den zusätzlichen Primärschlamm ist im Vergleich zur Faulung mit ausschließlich Überschussschlamm ein signifikant höherer Gasertrag zu erwarten. Somit ist die Netto-Energieeinsparung/-gewinnung abermals größer. Mit dem Verlauf der großtechnischen Versuchsphase auf der Kläranlage Pattensen erhoffen wir uns die zuvor genannten Parameter klassifizieren zu können.

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Innenaufnahmen der Siebtrommel: sauberes Maschengewebe (links) und dreckiges Maschengewebe (rechts)

Verbundkoordination:

isah ohne rand

Projektleitung:
 Dr.-Ing. Maike Beier (ISAH)
 Tel.: 0511 762 2898
 Mail: beier@isah.uni-hannover.de

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